Webdesign in Japan

Webdesign in Japan: Die Webdesigner hierzulande sind oft sehr überrascht, wenn sie sich auf eine japanische Internetseite verirren. Quietsch-bunte Farben, völlig überladene Designs, kitschige Werbebanner, kein White-Space, zu viel Text, und veraltete Flash-Technologie sind in Japan noch immer aktuell. Doch woran kann es liegen, dass das Web eines technologisch so fortschrittlichen Landes ganz offensichtlich immer noch im Mittelalter feststeckt?

Webdesign in Japan und warum sich das fernöstliche Design so sehr von unserem unterscheidet

Der Design-Blog Randomwire ist dieser Frage nachgegangen und erklärt die Unterschiede mit drei Faktoren, die maßgeblich zu der stark von einander abweichenden Entwicklung westlicher und fernöstlicher Designs beigetragen haben sollen und das noch immer tun.

Webdesign in Japan

Die Linguistik

Die chinesischen Schriftzeichen gehören zu den linguistischen Unterschieden. Für westliche Augen wirken sie sehr verwirrend. Weiterhin gibt es weder Großbuchstaben noch Kursiv-Schrift, so dass jeder Text für uns per se unnötig und überladen wirkt.

Die Kultur

Kulturelle Unterschiede sind noch entscheidender für die fernöstliche Internet-Entwicklung verantwortlich: Japaner sind sehr risikoscheu, das heißt, sie finden sich leichter in bewährten UIs zurecht. Ein Redesign könnte zur Folge haben, dass beliebte Services von ihnen nicht länger genutzt werden. Zum Vergleich: Wir sind es inzwischen gewohnt, dass sich Webdesigner ständig neue Designs überlegen – zu lange dasselbe UI zu betrachten, langweilt uns schnell. Der WhatsApp Messenger für iOS wird zur Zeit in den Kommentaren im App-Store fast ausschließlich wegen seines “alten” Designs kritisiert. Neue Funktionen wünscht sich dagegen kaum jemand.

Ein anderer Faktor ist das städtische Umfeld: Japanische Einkaufsmeilen sind genauso mit Leuchtreklame und anderen aufdringlichen Eye Catchern gepflastert wie die japanischen Internetseiten. Auch Trends wie Minimalismus und Simplicity im Bereich E-Commerce werden zukünftig Probleme in Japan bekommen. Japaner benötigen sehr viele Informationen, um eine Kaufentscheidung zu treffen. Überschriften, die wie Schlagzeilen in unseren westlichen Köpfen bleiben und ausgefallene Aufmacher haben bei Japanern nur wenig Wirkung. Sie brauchen Fakten, Fakten, Fakten.

Die Technologie

Es gibt viele Webfonts, die nur für Sprachen mit lateinischem Schriftsystem verfügbar sind. Japanische Webdesigner haben also deutlich weniger Spielraum als die Designer hierzulande. Außerdem verwenden vor allem Unternehmen noch immer den Internet Explorer 6 und Windows XP. Das schränkt den Spielraum der Webdesigner noch zusätzlich ein, da Webstandards wie HTML5 auf aktuelle Browser angewiesen sind. Nutzt jedoch ein Großteil der Bevölkerung veraltete Technik, muss man als Designer auch alte Webtechnik liefern, die richtig angezeigt wird.

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Hi, ich bin Mika - WordPress-Enthusiast und Webworker aus Leidenschaft. Ich bin Inhaber der Webdesign Agentur / WordPress Agentur Wolkenhart® und freier Dozent an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg.

5 thoughts on “Webdesign in Japan

  1. Marcel

    Danke für den wirklich interessanten Artikel über Webdesign in Japan. Hatte das Phänomen schon lange festgestellt und mich immer gefragt, an was das ganze denn nun liegt.

    Würde mich freuen bald mal noch mehr Berichte in dieser Richtung zu lesen. Finde nämlich, dass Webseiten auch in Indien bisweilen sehr “interessant” aussehen, wenn man das einmal so formulieren mag 😉

  2. Madeleine

    Hallo Mika!

    Danke für die super Zusammenfassung des Randomwire-Artikels und die Slides! Ich habe beides gerne gelesen, mir ein paar eigene Gedanken dazu gemacht und selbst einen Artikel verfasst.

    Von Webdesign in nicht-westlichen Sprachen bekommen wir hier ja schon alleine wegen der Sprachbarriere oft wenig mit, was schade ist, denn gerade in Japan gibt es auch sehr gutes Webdesign mit aktuellen Trends wie Parallax Scrolling oder tolle Responsive Websites. Während große Websites wie Rakuten in der Vergangenheit stecken bleiben.

    Ich habe selbst zwei Jahre in Japan gelebt und meine Sprachkenntnisse genutzt, um mal einige tolle moderne japanische Websites zusammenzutragen und ein bisschen auf den Unterschied zwischen deutschen, amerikanischen und japanischen Websites einzugehen.

    Ich würde mich über Feedback von dir zu diesem Teil von japanischem Webdesign freuen: http://www.smooster.com/blog/westliches-vs-japanisches-webdesign

    LG
    Madeleine

    1. Mika Post author

      Hi Madeleine,

      gerne!

      Ja große Websites tuen sich oft schwer den aktuellen Trends zu folgen, leider.

      Dein Artikel ist super! Kann ich nur empfehlen.

      LG
      Mika

      1. Madeleine

        Wow, danke für den schnellen Kommentar und die Weiterempfehlung. Freut mich, dass dir der Artikel gefällt!

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